Gemeinsame Stellungnahme des Naturschutzbund Deutschland (NABU) Kreisgruppe Wolfenbüttel und des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Kreisgruppe Wolfenbüttel zum geplanten Baugebiete "Am Södeweg", vom 31. Mai 2016

 

Vorabbeteiligung der Träger öffentlicher Belange

 

Frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange zum Bebauungsplan BP IX "Am Södeweg" gem § 4 Abs. 1 i. V. m. § 4a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB)

 

mit Schreiben vom 13.05.2016

 

Sehr geehrte Frau Fabian,

 

wir bedanken uns für die frühzeitige Beteiligung an dem in Planung befindlichen Baugebiet "Am Södeweg".

 

Der angeblich hohen Nachfrage nach Wohnungsneubau in Wolfenbüttel kann mit Sicherheit wesentlich sinnvoller im Bereich der Innenstadt mit ihren bestehenden Verkehrs- und Versorgungsmöglichkeiten nachgekommen werden.

Hierzu verweisen wir auf die erschreckenden Leerstände im Bereich des Zentrums der Stadt. Hier sind sowohl Verkehrsanbindung als auch Infrastruktur (Kindergärten, Schulen u.ä.) bereits vorhanden.

 

Ein ganz erheblicher Nachteil der Planung "Am Södeweg" liegt im Verbrauch von 40 ha wertvollsten Ackerlandes (mit Gütezahlen von mehr als 90 Bodenpunkten), für die an anderer Stelle wiederum landwirtschaftliche Ausgleichsflächen bereitgestellt werden müssen.

Bis zum Jahr 2020 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen von derzeit 69 Hektar pro Tag auf maximal 30 Hektar pro Tag verringern. Dieses sogenannte 30-ha-Ziel hat sie in ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 festgelegt. Die nationale Strategie zur biologischen Vielfalt von 2007 konkretisiert diese Vorgabe: Sie formuliert Visionen und benennt Aktionsfelder für Bund, Länder und Kommunen. Die Europäische Kommission strebt gar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null an. Und auch die Niedersächsische Landesregierung erklärt: "Fruchtbarer Boden ist ein wertvolles und knappes Umweltgut Es darf nur sehr sparsam überbaut oder auf andere Weise „verbraucht" werden". Dem steht die derzeitige Flächenpolitik der Stadt Wolfenbüttel diametral gegenüber. Die Umweltverbände erwarten, dass Wolfenbüttel durch die konsequente Vermeidung neuer Flächeninanspruchnahme einen aktiven Beitrag zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie leistet.

Angesichts der bereits in Wolfenbüttel entstehenden Neubaugebiete auf Ackerland (Siehe Salzdahlumer Straße, Alter Weg, Über dem Okertal ) muß dringend über andere Varianten der Baulandbeschaffung nachgedacht werden.

 

Die verkehrliche Anbindung wird sich vor allem im Laufe des ersten Bauabschnitts auf die Ahlumer Straße, Neuer Weg, konzentrieren. Diese Verbindungen sind bereits heute sehr belastet und es ist zu erwarten, dass sich unerwünschte Schleichverkehre in der Ahlumer Siedlung entwickeln werden.

Für 850 neue Wohneinheiten ist der derzeitige öffentliche Verkehr in Wolfenbüttel nicht ausgelegt. Da reicht es nicht eine Buslinie um eine Haltestelle zu verlängern. Eine Siedlungsplanung am Södeweg muss durch eine offensive Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs, des Fahrradverkehrs und Park&Ride-Angeboten flankiert werden, um die weitere Zunahme des Pkw-Verkehrs in der Innenstadt zu vermeiden.

 

Aus naturschutzfachlicher und -rechtlicher sowie artenschutzrechtlicher Sicht bestehen erhebliche Bedenken gegen das geplante Vorhaben. Innerhalb des Plangebietes kommen eine Reihe von besonders und streng geschützten Arten vor. Wir weisen darauf hin, dass im Vorfeld sach- und fachgerechte Untersuchungen bzgl. der Arten und Lebensgemeinschaften erstellt werden müssen.

Im Folgenden werden wir auf einige uns bekannte Arten hinweisen/eingehen.

 

1. Der Feldhamster

Der im Bereich der Planungsfläche bereits nachgewiesene Feldhamster ist nach FFH-Richtlinie eine Art mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen. Das Land Niedersachsen und seine Kommunen haben eine hohe Verantwortung für den Erhalt und die Entwicklung des Feldhamsters. Daher ist durch Gutachten der Bestand dieser Art zu untersuchen und festzustellen.

Ebenso sind Folgemaßnahmen zu beschreiben. Der Feldhamster ist eine nach Anhang IV sowie nach Berner Konvention (Anhang II) geschützte Art und gehört nach § 7Abs. 2 Nr. 13 und 14 BNatSchG zu den besonders und streng geschützten Arten.

 

2. Das Rebhuhn

Im Bereich der Planflächen sind mindestens zwei Flüge/Ketten vom Rebhuhn nachgewiesen worden. Die Art ist eine nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG besonders geschützte Art. Der Erhaltungszustand in Niedersachsen ist als ungünstig zu bewerten. Die Verantwortung Niedersachsens hinsichtlich des Bestands- und Arealerhalts der Art in Deutschland und Europa ist sehr hoch.

Auch hier ist gutachterlich zu untersuchen, wie sich der Bestand im Planungsgebiet entwickelt hat und in welcher Art und Weise der Verlust des Habitats kompensiert werden kann.

 

3. Die Feldlerche

Die Feldlerche ist eine nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG besonders geschützte Art. Der Erhaltungszustand in Niedersachsen ist als ungünstig zu bewerten. Wir weisen darauf hin, dass in Niedersachsen der Bestand seit den 70er Jahren um mehr als 50% abgenommen hat.

Insofern ist auch hier zu untersuchen, wie sich der Bestand im Planungsgebiet entwickelt hat und in welcher Art und Weise der Verlust des Habitats kompensiert werden kann.

 

4. Der Rotmilan

Das Planungsgebiet gehört zu den regelmäßig genutzten Nahrungshabitaten des Rotmilans. Aktuelle Brutpaare sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt (nachgewiesen worden).

 

5. Schwalben

Die Mehlschwalbe brütet im angrenzenden Wohngebiet der Ahlumer Siedlung. Das Plangebiet gehört zu einem wichtigen Nahrungshabitat für die Mehlschwalbe.

 

6. Fledermäuse

Wir möchten darauf hinweisen, dass in Bezug auf das beobachtete Vorkommen von Fledermäuse weitergehende Untersuchungen stattfinden müssen.

Aus naturschutzfachlicher und -rechtlicher Sicht ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob durch die geplanten Bauvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG ausgelöst werden.

Wir weisen noch einmal deutlich darauf hin, dass eine Alternativprüfung durchzuführen ist.

 

Klimatische Betrachtungen

Die Beeinträchtigung der Kaltluftzufuhr für das Gebiet der Ahlumer Siedlung und auch der Innenstadt ist besonders durch eine riegelartige mehrgeschossige Bebauung am neuen östlichen Ortsrand des Baugebietes anzunehmen.

Hierzu ist gutachterlich nachzuweisen, wie stark die Auswirkungen auf die Ahlumer Siedlung und eventuell die Innenstadt sind.

 

Der NABU KG Wolfenbüttel und der BUND KG Wolfenbüttel hoffen auf einen konstruktiven und ergebnisoffenen Dialog mit allen Beteiligten in Bezug auf die Berücksichtigung der naturschutzrelevanten Belange.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Horst Ehlers                                                     Olaf Dalchow

1. Vorsitzender                                                1. Vorsitzender

NABU KG Wolfenbüttel                               BUND KG Wolfenbüttel